Bei der fairTV-Jahreshauptversammlung am 5. Dezember in Leipzig stimmten die Mitglieder erneut über die Empfehlung zur Anpassung der Tageshonorare im kommenden Jahr ab. Mit klarer Mehrheit einigten sich die anwesenden Editoren, Kameraleute und Assistenten auf einen Prozentsatz von 10% zusätzlich zur aktuellen Inflation von 1,8% (2017). Zur Abstimmung standen außerdem die Werte 0%, 2%, 3% und 5%.
Für dieses deutliche Signal wurden verschiedene Gründe diskutiert.
Tatsache ist, dass es der Film- und Fernsehbranche als Wirtschaftszweig besser geht denn je. Mit mehr als 6% Zuwachs allein im letzten Jahr stieg der Umsatz auf das Rekordhoch von 12,5 Mrd. Euro. Die Privatsender machen nach wie vor massive Gewinne. Und auch der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk ist mit rund 8 Mrd. Gebührenaufkommen gut ausgestattet.
Gleichwohl kommt dieser Zuwachs weiterhin kaum bis gar nicht bei den meisten Kreativen an. Immer noch ist der Einkommensunterschied zwischen den Soloselbstständigen und den (angemessen bezahlten) tariflich Festangestellten in den Sendern immens - nach Vorabberechnungen unseres Equal-Pay-Projektes erhalten die Freelancer durchschnittlich deutlich weniger als die Hälfte der Tariflöhne, zumindest wenn sie ihre Verpflichtungen zur unternehmerischen Sorgfalt ernst nehmen, gewinnorientiert arbeiten wollen und die Kosten der Selbstständigkeit korrekt berechnen, wie sie u.a. bei Lambert Schuster oder im BVFK-Honorarrechner dargelegt sind.
Inzwischen haben diese Entwicklungen Auswirkung auf die Attraktivität der Film- und Fernsehberufe, denn immer mehr Kollegen verlassen die Branche oder wechseln den Beruf, weitere denken laut darüber nach. Nachwuchs lässt sich mit Aussicht auf die vergleichsweise niedrige Honorierung jenseits der Festanstellungen in den Sendern kaum noch gewinnen oder nach seiner Ausbildung nicht halten. Der „Fachkräftemangel“ ist endgültig auch in der Film- und TV-Branche angekommen, was sogar Beteiligungsunternehmen von Sendern (sog. "Töchter") wie die BAVARIA inzwischen öffentlich beklagen.
Vor diesem Hintergrund waren die Mitglieder mehrheitlich der Ansicht, dass es nur marktgerecht ist, wenn Preise deutlich steigen. Zumal eben dieses Argument des "Marktes" ("Da draußen stehen 20 andere, die den Job wollen!") bekanntlich jahrelang von Sendern, vielen Produzenten und technischen Dienstleistern zur Gewinnoptimierung zu Lasten der freien Kreativen benutzt wurde und zu Stagnation der Honorare und vielerorts sogar sozialen Schieflagen geführt hat. Und nicht zuletzt sichert eine höhere Attraktivität der Berufe die Zukunft aller, die in dieser Branche Geld verdienen möchten - Medienschaffende wie Produzenten gleichermaßen. Preiserhöhungen sind damit auch eine verantwortungsbewusste Entscheidung.
Schließlich drohen durch den politischen Druck auf die öffentlich-rechtlichen Sender in Zukunft neue Probleme. So könnte beispielsweise das geplante „Indexmodell“ für den Rundfunkbeitrag die aktuell vorhandene, eklatante Schieflage bei der Bezahlung von selbstständigen Kreativen und Produzenten verstetigen. Der momentane, für viele Kollegen kaum als Existenzgrundlage angemessene Status Quo würde gewissermaßen auf niedrigem Niveau festgeklopft, zukünftige Anpassungen könnten dann schwerer an die Sender weitergereicht werden. Ein zusätzlicher Grund, nun beherzt zu (ver-)handeln.
Durchgesetzt werden soll die Anpassung wie in den letzten Jahren in Einzelgesprächen oder mit dem fairTV®-Musterbrief, der bald veröffentlicht und in diesem Jahr erstmals direkt als Download verfügbar sein wird.